Hält, was es verspricht!
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Kundenmeinung von Simone Ines
Mainzer entwirft das Profil der Komplexität sodann in neun Kapiteln, die jeweils den Titel „Komplexität und…“ tragen. Mit den ersten vier – Berechenbarkeit, Wahrscheinlichkeit, Information, Dynamik – „sind die Grundbegriffe gegeben, um Modelle und ihre Komplexität von Evolution, Geist und Gehirn, Wirtschaft und Gesellschaft zu untersuchen“ Diese Begriffe bilden das Gerüst für die Kapitel fünf bis acht. Vom mathematisch-abstrakten Komplexitätsbegriff leiten diese Abschnitte den Leser zu Konzepten, die uns als Menschen unmittelbar betreffen, im Kleinen wie im Großen. Nach diesen Anwendungsmodellen schließt der Band mit einem neunten Kapitel zu Komplexität und Philosophie ab. Diese Perspektive befasst sich mit den Prinzipien der Modellbildung und öffnet somit den Blick wieder für grundsätzliche, unter anderem auch ethische Fragen. Nach jedem Kapitel befinden sich Literaturhinweise, am Ende noch ein sehr nützliches Glossar und Personenregister.
An den vier ersten Kapiteln hat mir besonders gefallen, wie anschaulich Mainzer den Begriff anhand von lebensweltlichen Beispielen vermittelt. So spricht er beispielsweise über Computer und Turing-Maschinen, menschliches Normal- und Durchschnittsverhalten (was ist eigentlich normal?), von Chaos und Selbstorganisation. Die biologischen und psychologischen Konzepte aus den Kapiteln fünf und sechs waren mir bereits vertraut, aber die systematische Darstellung bringt Ordnung in einzelne Wissensbestände – und die Fragen nach künstlichem Leben, bzw. nach künstlicher Intelligenz, sind spannend erläutert. Im Kapitel über Wirtschaft ist besonders das Thema Finanzmärkte spannend; konnten wir doch hautnah erleben, wie komplex und instabil diese sein können. Kapitel acht, Komplexität und Gesellschaft, befasst sich mit Populations- und Soziodynamik, sowie mit Management und Kommunikationssystemen, wie dem Internet. Diese Themen sind für die soziologische Orientierung hilfreich, da sie die großen Makro-Themen aufgreifen, mit denen sich Studierende dieses Faches unweigerlich befassen müssen. Im neunten Kapitel erläutert Mainzer, welche Rolle die Philosophie spielen – oder welche Lücke sie füllen kann, um Komplexitätsforschung voranzubringen.
Insgesamt ist der Band sehr gelungen und mit knapp 130 Seiten kurz genug, um ihn zu verschlingen – aber lang genug, um wertvolle Anreize für die eigene Forschungsarbeit zu erhalten. Mir hat das Buch konkret dabei geholfen, mein eigenes Gesellschaftskonzept zu erweitern und eine neue Perspektive auf das Internet als komplexes dynamisches System zu gewinnen.