Ganzheitliches Buch über die Situation in der BRD
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Kundenmeinung von Dr. Michael Lausberg
Die Themen des Handbuchs sind überwiegend auf die BRD ausgerichtet. Die Beiträge zeigen Trends und neuere Entwicklungen auf und berücksichtigen das Zusammenwirken mit wohlfahrtsstaatlichen, sozial- und arbeitsmarktpolitischen Rahmenbedingungen unter der besonderen (sozial-)pädagogischen Perspektive. So soll der Bezug zwischen gesellschaftlichem Armutsverständnis, wissenschaftlicher Forschung und gesellschaftlicher, sozialpolitischer Verantwortung für die Verbesserung der Situation hergestellt werden.
Das Handbuch ist unterteilt in fünf Themengebiete, wo es einzelne Beiträge von verschiedenen Autor*innen zu Schwerpunkten gibt.
Im ersten Teil wird eine Auswahl unterschiedlicher Zugänge zum Thema gegeben (Armutsmessung, Konzept der Lebenslage, Familienarmut, Sozialisation, sozialpolitische Herausforderungen, Historie, Forschung). Der Schwerpunkt liegt dabei im Aufzeigen einer systematischen Ausrichtung der Diskussion über Kindheits- und Kinderarmut, also in der jeweiligen Bestimmung von Standorten, Problem- und Gegenstandsfeldern.
Der zweite Teil umfasst eine Zusammenstellung ausgewählter Diskurse, die sich mit einzelnen Dimensionen von Kinderarmut beschäftigen und dabei den Zusammenhang der Veränderungen von Kindheit, Strukturen sozialer Ungleichheit und Kinderarmut berücksichtigen. (Armutsstrukturen, Armutsmuster, segregierte Quartiere, ländliche Raum, Milieu und Bildung, digitale Medien, die Frage der Ethnisierung, Geschlecht, Gesundheit, Perspektive der Kinder)
Der dritte Teil fokussiert sich auf Institutionen als Reproduktionsmittel wie auch als Mittel der erfolgreichen Bekämpfung von Kinderarmut und deren Praxen. Dies sind Sozialisationsinstanzen wie Familie oder Peers, aber auch Kitas, Grundschulen, Schulen, Schulsozialarbeit, Erziehungshilfe und Jugendhilfeplanung.
Im vierten Teil geht es vermehrt um die Praxis. Es sollen praktisch-perspektivische Lösungsansätze und präventive Maßnahmen generell aufgezeigt und dazu noch aktuelle Konfliktfelder behandelt werden. Dies umfasst Sozialberichterstattung, Recht, Präventionsketten auf kommunaler Ebene, eine sozialräumliche Perspektive lokaler Strategien, frühe Hilfen für Familien, Fachkräfte in Kitas. Ebenso allgemeine politische Forderungen und ein Essay über Resilienz und Handlungsfähigkeit.
Der fünfte Teil des Buches beschäftigt sich mit Fragen der Lebensgestaltung von Kindern jenseits der aktuellen Lebenssituation. Dabei werden eine Weiterentwicklung der UN-Kinderrechtskonvention sowie ein Grundeinkommen für Kinder in Kombination mit einer besseren sozialen Infrastruktur gefordert. Außerdem werden aus entfremdungstheoretischer Sicht Zugänge zu mehr Autonomie und gleiche Zugänge zu materiellen, kulturellen und gesellschaftlichen Mitteln angemahnt.
Hinter den einzelnen Beiträgen gibt es immer einen Merksatz, empfohlene Literatur zur Vertiefung und weitere verwendete Literatur. Im Anhang findet man noch die Biografien der Autor*innen.
Dieses Handbuch hat einen umfassenden Anspruch und spiegelt bis auf die Defizite der politischen Ebene (Sozialpolitik und Familienpolitik) die neuesten Erkenntnisse zum Thema Kinderarmut wider. Erfreulich ist, dass das Handbuch Kinderarmut nicht nur als ökonomischen Mangel auffasst, sondern auch Milieuorientierung, Ernährung, Gesundheit und auch die Reproduktion von sozialer Ungleichheit in den Blick nimmt. Präventive Maßnahmen bilden mit Recht auch einen Schwerpunkt. Die Beschränkung auf die BRD hat zwar den Vorteil einer tiefergehenden Analyse als den weltweiten Blick, aber auch den Nachteil, dass Erfahrungsberichte aus anderen Ländern fehlen, die Anregungen für einen erfolgreichen Kampf gegen Kinderarmut geben könnten. Bei möglichen Konzepten ist vor allem der Beitrag von Roland Roth über ein Grundeinkommen für Kinder in Kombination mit einer partizipativ gestalteten sozialen Infrastruktur interessant.